
1. FEM.A Fachtagung mit Expert*innen im Familien- und Unterhaltsrecht
20. – 21. März 2025 | 9 – 17 Uhr
Juridicum, Schottenbastei 10-16, 1010 Wien
In den letzten Jahrzehnten ist eine zunehmende Komplexität im Bereich familienrechtlicher Entscheidungen zu verzeichnen. Dies hat maßgeblich mit dem Einzug der Psy-Wissenschaften an den Gerichten, einem gesamt-europäischem Trend, zu tun. Der langjährige Leiter des Psychologischen Instituts an der Medizinischen Universität Hannover, Uwe Tewes, weist in seinem Buch „Psychologie im Familienrecht“ darauf hin, dass durch die massiv angestiegene Anzahl an beteiligten Player*innen auch die Fehleranfälligkeit gestiegen ist. Die Vielzahl an beteiligten Stellen und somit Disziplinen bringt auch den Einfluss verschiedenster Paradigmen auf die Urteilsfindung mit sich. Nicht nur verschiedene Berufsgruppen, Bildungswissenschaftler*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, auch Stakeholder von Mütter- oder Vätervereinen drängen heute mehr denn je mit ihren Vorstellungen durch Lobbying in die Gerichtssäle. So fand der Soziologe Wolfgang Hammer in einer Studie durchgeführt an deutschen Gerichten, Jugendämtern, bei Sachverständigen und anderen Akteur*innen heraus, wie sehr vor allem mütterfeindliche Narrative mittlerweile im Mainstream angekommen sind.
Die von FEM.A organisierte interdisziplinäre Tagung will den verschiedenen Positionen Raum bieten, um den offenen Diskurs über die Ausrichtung eines neuen, modernen Kindschaftsrechts zu ermöglichen und allzu einfache Lösungen zu hinterfragen. Dafür sollen Expert*innen aus dem Bereich der Rechtswissenschaften, der Soziologie, der Psychologie, Psychotherapie, Psychiatrie, Gender Studies, Geschichtswissenschaften, Ökonomie und Konfliktforschung zu Wort kommen, die aufzeigen, wie sehr das neue Gesetzesvorhaben von gewissen Ideologien und Paradigmen geleitet wird und wie diese historische einzuordnen sind. Am Ende der zweitägigen Veranstaltung hofft FEM.A, mehr Transparenz zur Frage geschaffen zu haben, wo Wissenschaft endet, und Lobbying beginnt – und was tatsächlich aktueller Stand der Forschung ist.
Am zweiten Tag der interdisziplinären Tagung will FEM.A das Thema Unterhalt umfassend beleuchten. Die derzeit vorliegenden Studien EU-SILC 2022, die Kinderkostenanalyse 2021 sowie die Unterhaltsbefragung 2021 zeichnen ein düsteres Bild: Etwa die Hälfte der Kinder, die in Ein-Elternhaushalten leben, sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Kinderarmut hat besonders hohe Folgekosten für die Betroffenen selbst und die Gesellschaft: Der Gesundheitszustand dieser Kinder ist im Vergleich schlechter, sie bekommen meist eine schlechtere Ausbildung und werden in der Folge weniger verdienen und somit auch weniger Steuern zahlen können. Einer der Hauptgründe für die Armut von Kindern von Alleinerzieher*innen ist der fehlende oder zu geringe Unterhalt der unterhaltspflichtigen Elternteile. Wir präsentieren die aktuellen Studienergebnisse und zeigen auf, wie sich der gesetzliche Wille im Laufe der Zeit gewandelt hat, und welche Änderungen bevorstehen könnten.